Pressemitteilung vom 7.9.2019

Erste Fahrrad-Demonstration auf der Nordtangente des Autobahnrings +++ radikale Mobilitätswende in Oldenburg notwendig

7.9.2019, Oldenburg. 1500 Menschen setzten heute auf Rädern und Rollstühlen ein starkes Zeichen für eine schnelle und tiefgreifende Mobilitätswende in Oldenburg. Die Organisatorinnen und Organisatoren der Demonstration waren überwältigt von der Anzahl der Teilnehmenden. Es wurde klar deutlich, welche große Relevanz die Mobilitätswende für Menschen aller Generationen hat. Daher wird es vermutlich auch nicht die letzte Fahrrad-Demo in Oldenburg gewesen sein.

Mit einer Runde um den Innenstadtring setzten die Protestierenden eine ihrer Forderungen sofort um: Mehr Platz für Fahrräder statt Autos in der Innenstadt. Dann ging es in Richtung Nordtangente des Autobahnrings: die inklusive Fahrraddemo fuhr knapp 2 Kilometer auf der sonst dem Kfz-Verkehr vorbehaltenen Straße. Damit war es die erste Demonstration in Oldenburg, die auf einem Teilstück des Autobahnrings stattfand. Die Teilnehmenden machten neben den Folgen für Klima und Gesundheit auch auf den Flächenverbrauch des Autoverkehrs aufmerksam. Die Demonstration wurde getragen durch vielfältige Akteure und Initiativen aus Oldenburg, die für unterschiedliche Aspekte der Verkehrswende einstehen.

„Der Verkehr ist für 18 % der CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich1. Als Antwort auf die Realität der Klimakrise brauchen wir einen Ausstieg aus dem Zeitalter des Autos. Wir sehen Oldenburg in der Pflicht seinen Teil zur Verhinderung der Klimakatastrophe beizutragen. Indem wir auf dem Autobahnring demonstrieren, holen wir uns ein Stück Lebensqualität zurück.“ so Lara König, eine der Organisatorinnen.

Bei der Abschlusskundgebung auf dem Pferdemarkt wurde der enorme Flächenverbrauch von Kfz bildlich verdeutlicht: Auf einem Auto-Parkplatz war Raum für mehr als 10 Fahrräder.

In weiteren Redebeiträgen wurde deutlich, dass heute viele motivierte Menschen mit zahlreichen Ideen für die Oldenburger Verkehrswende zusammengekommen waren.

Wiebke Hendeß, Behindertenberaterin beim Studentenwerk, fand lobende Worte für die schon vorhandenen Fahrradstraßen und rollstuhlgerechten Busse, machte aber auch klar, dass insbesondere mobilitätsbehinderte Menschen in der heutigen Stadt immer noch viel zu wenig Platz haben. „Sehr nervig ist es, wenn die Radwege zugeparkt sind. Ich kann dann nicht einfach mit dem Rolli den Bordstein runter und muss dann umkehren. Rollstuhlfahrende brauchen breite Wege, genug Platz zum Rangieren und Parkplätze für ihre speziell umgebauten Autos, die groß genug und eben sind. Das wäre ja kein Problem, wenn viele andere Parkplätze in der Innenstadt nicht mehr nötig wären.”

Die Initiative “Verkehrswandel Oldenburg” schilderte ihre Vision:

„Wir sehen ältere Menschen, die sich auch an Ampeln kaum zu Fuß über die Straße trauen. Eltern, die ihre Kinder nicht allein auf die Straße lassen und überall hinbringen. Unser Maßstab muss aber doch sein, dass sich alle – wirklich alle Oldenburgerinnen und Oldenburger sicher, frei und entspannt in der Stadt bewegen können. Und dass Oldenburg so etwas kann, hat die Stadt schon einmal bewiesen: Das war 1967, die Schaffung der ersten Fußgängerzone Deutschlands, die aus mehr als einer Straße bestand. Wir glauben, dass es nach etwas mehr als 50 Jahren wieder Zeit ist, die Verkehrspolitik mit Mut zu verändern – für einen echten Verkehrswandel!”

Die Initiative “Einfach Einsteigen” betonte insbesondere die Relevanz von umfangreichen Investitionen in gut zugänglichen ÖPNV. Das Konzept der Initiative für einen umlagefinanzierten, fahrscheinfreien Nahverkehr in Bremen zeige, dass dies realistisch möglich sei. Dies habe auch die Bremer Landesregierung erkannt, die eine Umsetzung prüft.

Das Klimakollektiv Oldenburg hob den Gerechtigkeitsaspekt der Mobilität und Stadtplanung hervor: Ärmere Menschen könnten es sich nicht leisten in einen verkehrsberuhigten und damit leiseren und gesünderen Stadtteil umzuziehen. Auch die Seebrücke Oldenburg thematisierte einen Mangel an Teilhabe: Geflüchteten aus der Unterkunft in Blankenburg wird kein Busticket gewährt, was ihre Mobilität und Lebensqualität stark einschränkt.

„Wir sehen, hören und atmen hier jeden Tag die Folgen einer auf Autos ausgerichteten Stadt. Jeden Tag Stau in der Innenstadt und tausende Autos, die auf einer Autobahn mitten durch die Stadt fahren. Wir wollen zeigen, dass der Raum auch anders genutzt werden kann, ökologischer, leise, und mit einer höheren Lebensqualität. Wir brauchen auch in Oldenburg dringend eine Mobilitätswende, die diesen Namen verdient. Wir fordern einen radikalen Fokus der Stadtplanung auf Rad, Fuß und Busverkehr“ sagte Gernot Lucks vom VCD.

Bürgerinnen und Bürger sind unter www.mobilol.de/ideen weiterhin dazu eingeladen, eigene Forderungen einzureichen und für bereits vorhandene Vorschläge abzustimmen. Daran beteiligten sich bisher bereits 150 Personen. Die Demonstration war der Auftakt einer Protestwoche gegen die Automobilindustrie. Vom 13.-15.9. werden in Frankfurt am Main Proteste und Blockaden gegen die Automobilausstellung IAA stattfinden.

Kontakt:

Lara König: Tel.: presse@mobilol.de